Mädchenarbeit wird bei der Jugendberatung Mobilé nach dem parteilichen Ansatz praktiziert. Parteilichkeit bedeutet, dass die Interessen und Bedürfnisse von Mädchen und jungen Frauen uneingeschränkt im Mittelpunkt der Arbeit stehen. Die Mädchen werden ernstgenommen, ihnen wird Unterstützung und Schutz zuteil. Eigene Lebensentwürfe werden ebenso akzeptiert wie neue Wege aufgezeigt.
Realisiert werden diese Grundsätze durch geschlechtshomogene offene oder geschlossene Angebote für Mädchen, in denen sie in geschützten Räumen eigene Erfahrungen machen und sich mit anderen auseinandersetzen können. Ohne Negativbewertung können die Mädchen sich selbst erleben und ihre Fähigkeiten und Stärken entdecken.
Aber auch in gemischtgeschlechtlichen Angeboten wird Mädchen diese Wertschätzung und dieser Arbeitsansatz, der sich inzwischen auch im gender-mainstreaming wiederfindet, zuteil. Eine wesentliche Bedingung für Parteilichkeit ist daher, dass eine Frau mit den Mädchen arbeitet, da sie zum einen die gesellschaftlichen Machtstrukturen aus eigenem Erleben kennt und zum anderen für die Mädchen als Vorbild- und Identifikationsfigur dienen kann.
Um als Frau in die parteiliche Mädchenarbeit einzusteigen, bedarf es folgender Vorraussetzungen:
Der Ansatz parteilicher Mädchenarbeit findet überall dort statt, wo Mädchen und junge Frauen anzutreffen sind. Das kann bei einem Gespräch auf der Straße, dem Schulhof oder im Bus, aber auch in Form gezielter geschlechtsspezifischer Angebote sein. Parteilichkeit beinhaltet eine Einstellung, die allen Mädchen in jedem Alter und zu jeder Zeit an jedem Ort zukommt. Parteilichkeit umfasst alle Lebensbereiche von Mädchen, ob im Kindergarten, in der Schule, im Stadtteil, im Freizeitbereich, im Verein, auch in spezifischen Problemlagen wie Drogenabhängigkeit, Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Kriminalität. Überall wird deutlich, dass weibliche Zugangsweisen, Aneignungsformen und Verarbeitungsmuster sich von männlichen unterscheiden und es daher auch differenzierter Analysen, Angebote und Methoden bedarf, um entspr. § 9,3 SGB VIII "... die Benachteiligung von Mädchen abzubauen".
Die gesamte Lebenssituation und Lebenswelt von Mädchen und jungen Frauen wird einbezogen, das heißt: Schule, Bildung, Ausbildung, Freizeit, Herkunft, Kultur, Gesundheit, Körper und Psyche finden Berücksichtigung. Somit erhalten Mädchen Gelegenheit, sich selbst und andere als ganzheitlich zu erleben.
Im Rahmen der Beratung erhalten Mädchen die Möglichkeit, sich geschlechtsspezifische Unterstützung und Informationen bei Fachfrauen zu suchen.
Die Parteilichkeit in der Beratung setzt voraus, Mädchen und junge Frauen ernst zu nehmen und zu akzeptieren, ohne sie in bestimmte Rollen zu drängen. Sie erfordert weiterhin das Wissen um weibliche Lebenszusammenhänge und Verarbeitungsmuster und die damit einhergehenden Schwierigkeiten und Widersprüche. Daher ist neben den Informationen über weibliche Verhaltensauffälligkeiten und Bewältigungsstrategien von Krisen immer zu berücksichtigen, dass sie potentiell Erfahrungen mit sexueller Gewalt und Missbrauch haben, auch wenn sie diesen Bereich im Beratungszusammenhang nicht immer thematisieren.
Jeden Montag öffnet das Jugendzentrum in Köttingen von 15.00 - 18.30 Uhr ausschließlich für Mädchen und junge Frauen. An diesem Tag können Mädchen das gesamte Angebot des Hauses wie Billard- und Thekenraum, Küche, Turnhalle sowie den Außenbereich für sich nutzen. Zusätzlich ermöglichen die Pädagoginnen vor Ort ein Angebot und sind für Fragen und Gespräche offen.
Ein Raum, der ausschließlich für Mädchen geschaffen und von Mädchen genutzt wird, steht im ersten Stock des Jugendzentrums zur Verfügung. Hierhin können sich Mädchen auch an den weiteren Tagen zurückziehen und in geschützter Atmosphäre ihren Interessen nachgehen.
In Kooperation mit Schulen finden gemeinsame Projekte statt. So werden seit 1998 Projekte zur Berufs- und Lebensplanung für Mädchen der 8. Klassen durchgeführt.
Hintergrund des Projektes bildeten folgende Erfahrungen:
Mädchen sind in jüngeren Jahren in ihren Berufsvorstellungen noch sehr offen und selbstbewusst; dies lässt jedoch mit zunehmendem Alter nach, so dass in Klasse 10 bei den meisten Mädchen mit mittlerem Bildungsabschluss nur noch sehr wenige Berufe in die engere Wahl kommen.
Mädchen werden mit der Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und möglichem Kinderwunsch alleingelassen.
Mädchen erleben bei der Suche nach einem Praktikumsplatz häufig, dass sie in geschlechtsspezifische Berufe gedrängt werden.
Ziel des Projektes ist es, das Berufswahlspektrum zu erweitern und den Mädchen somit eine breitere Palette an möglichen Berufen anzubieten. Gleichzeitig sollten sie sich mit den Vorstellungen und Erwartungen über ihre Zukunft auseinandersetzen und diese im Hinblick auf ihre Berufswahl überprüfen.
Ergänzt wird dieses Projekt durch ein Tagespraktikum, bei dem die Mädchen Gelegenheit erhalten, in handwerklichen Bereichen praktische Erfahrungen zu sammeln.
Bisher wurde dieses Projekt mit den Real- und Hauptschulen sowie der Förderschule bereits über 25 mal durchgeführt.
Im Jahr 2002 wurde der girls´day von Mobilé nach Erftstadt geholt. Seitdem wird er an den weiterführenden Schulen als Angebot für Mädchen (und inzwischen auch Jungen) wahrgenommen. Von Seiten der Stadtverwaltung erhalten Mädchen in Erftstadt Möglichkeiten am girls-day teilzunehmen.
Seit 1995 existiert der Arbeitskreis "Mädchenarbeit in Erftstadt", in dem neben Mitarbeiterinnen verschiedener Abteilungen des Jugendamtes, Lehrerinnen der weiterführenden Schulen Erftstadts und die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte von Erftstadt vertreten sind. Er bietet ein Forum für Austausch und Weiterbildung, dient der Vernetzung und stellt die Basis für zahlreiche mädchen- wie auch jugendspezifische Aktivitäten in unterschiedlichen Kooperationen dar.
Der "Mädchenarbeitskreis im Rhein-Erft-Kreis" ist ein Zusammenschluss von pädagogisch ausgebildeten Fachfrauen, die in der Arbeit mit Mädchen tätig sind. Sie sind beschäftigt bei freien und öffentlichen Trägern in den Bereichen der offenen Kinder- und Jugendarbeit, der Beratungsarbeit und der mobilen aufsuchenden Jugendarbeit. Vertreten sind derzeit 5 Einrichtungen aus den Städten Bergheim, Erftstadt und Kerpen.
Ihr Ziel ist es, entspr. § 9 Abs. III SGB VIII die Benachteiligung von Mädchen abzubauen. Der Arbeitskreis vertritt die Bedarfe und Interessen von Mädchen und jungen Frauen in der Öffentlichkeit.
Mädchenarbeit bedarf der Kooperation und Vernetzung. Diese Form des Zusammenschlusses gewährleistet eine effektive Zusammenarbeit der Kolleginnen in den unterschiedlichen Bereichen der Mädchenarbeit.
Zur Weiterentwicklung braucht die Mädchenarbeit fachlichen Austausch, Praxisreflexion, Analysen der Rahmenbedingungen vor Ort und die Festschreibung von Standards. Mobilé ist seit Gründung des Arbeitskreises vor über 20 Jahren an der Vernetzung der parteilichen Mädchenarbeit in diesem Arbeitskreis vertreten.